In der Märzausgabe der Entscheidung des Monats hat sich unsere Kollegin Anna-Lena Glander mit einem Beschluss des LG Ravensburg, Beschl. v. 14.02.2023 (2 Qs 9/23) zu der Möglichkeit der (zwangsweisen) Abnahme von Fingerabdrücken des Beschuldigten sowie der Nutzung der hieraus resultierenden biometrischen Daten für Zwecke der Entsperrung eines Mobilgerätes befasst.
Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts von Straftaten aus dem Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts wurde bei der angeordneten Durchsuchung das Mobiltelefon des Beschuldigten beschlagnahmt. Das Amtsgericht Ravensburg bestätigte per Beschluss die Beschlagnahme des Mobiltelefons des Beschuldigten und ordnete die Abnahme und Nutzung seiner Fingerabdrücke zum Zwecke der Entsperrung seines Mobiltelefons an. Gegen diesen Beschluss legte der Beschuldigte über seine Verteidigung Beschwerde hinsichtlich der Abnahme und Nutzung der Fingerabdrücke zum Zwecke der Entsperrung seines Mobiltelefons ein.
Das Gericht entschied: Die Abnahme und Nutzung der Fingerabdrücke des Beschuldigten zum Zwecke der Entsperrung dessen Mobiltelefons entspreche der Sach- und Rechtslage. Die Anordnung zur Abnahme von Fingerabdrücken des Beschuldigten auch gegen seinen Willen und erforderlichenfalls im Wege der zwangsweisen Durchsetzung sowie die Anordnung zur Nutzung der hieraus resultierenden biometrischen Daten für Zwecke der Entsperrung des Mobiltelefons fänden ihre Grundlage in § 81b Abs. 1 StPO (Erkennungsdienstliche Maßnahmen bei dem Beschuldigten).
Von Praktikern wird diese Heranziehung des § 81b Abs. 1 StPO als Ermächtigungsgrundlage für die biometrischen Entsperrung von Mobilfunkgeräten und den Zugriff auf die gespeicherten Daten insbesondere unter Hinweis auf die Intention des Gesetzgebers und verfassungsmäßige Grundprinzipen stark kritisiert.
Weitere Einzelheiten zu dem Sachverhalt, zu den Entscheidungsgründen und zu den Konsequenzen für die Praxis hat die Autorin hier zusammengefasst.