Entscheidung des Monats –
März 2024

In der Märzausgabe der Entscheidung des Monats hat sich unser Kollege Dr. Marius Haak mit einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.12.2023 (2 BvR 2103/20) befasst. Es ging um die Frage, in welchem Umfang ein Strafgericht den tatgegenständlichen Sachverhalt durch Beweiserhebungen aufzuklären hat, wenn sich der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verständigung nach § 257c StPO geständig eingelassen hatte.

Das BVerfG beschäftigte sich mit der Frage, wann eine Verständigung im Strafprozess das grundsätzliche Recht auf ein faires Verfahren beeinträchtigt.

Es stellte fest, dass eine Verständigung keine alleinige Grundlage eines Urteils bilden könne, sondern nur die richterliche Überzeugung. Die Amtsaufklärungspflicht sei auch im Rahmen von Verständigungen zu berücksichtigen. 

Das BVerfG verweist darauf, dass die Frage nach dem Umfang der Amtsaufklärungspflicht insbesondere von der Qualität der geständigen Einlassung und der Komplexität der Vorwürfe zu beantworten sei. Es sei zu berücksichtigen, ob es sich um ein qualifiziertes, ein schmales oder um ein formales Geständnis handele. Umso detailreicher die Ausführungen seien, umso geringer seien die Anforderungen an die Amtsaufklärungspflicht. Auch der Umstand, ob der Angeklagte die Einlassung frei und in eigenen Worten abgegeben oder sein Verteidiger eine vorformulierte Erklärung verlesen habe, habe einen Einfluss auf die Verplausibilisierung. Zudem sei zu berücksichtigen, ob es sich um einen einfach gelagerten und überschaubaren oder um einen komplexen und umfangreichen Sachverhalt handele.

Mit dieser begrüßenswerten Entscheidung maßregelt das BVerfG die Tatgerichte, die verständigungsbasierte, geständige Einlassungen als einen Freifahrtschein für vollständig unterlassene Beweiserhebungen heranziehen wollen. Es ist jedoch gerade der gesetzgeberische Wille, den Angeklagten und seinen Verteidigern durch die Fortwahrung der Amtsaufklärungspflicht (vor sich selbst) zu schützen, gerade wenn sie sich in einer besonderen Anreiz- oder Verlockungssituation befinden.

Weitere Einzelheiten zum Sachverhalt, zu den Entscheidungsgründen und zu den Konsequenzen für die Praxis hat der Autor hier zusammengefasst: