In der Septemberausgabe der Entscheidung des Monats hat sich unsere Kollegin Klaudia Dawidowicz mit einem Beschluss des OLG Brandenburg vom 17.08.2023 (2 OLG 53 Ss 80/22) zur Frage der Zulässigkeit von unterjährigen Änderungen der Geschäftsverteilung befasst.
Die beim LG Frankfurt (Oder) eingegangene Berufungssache des Angeklagten wurde gemäß dem geltenden Geschäftsverteilungsplan im August 2020 zunächst der 8. Strafkammer zugewiesen. Im Nachgang wies das Präsidium des LG den Vorsitz der 8. Strafkammer einem neu antretenden Vorsitzenden zu und ordnete eine Neuverteilung der Eingänge und eine Übernahme von Beständen zwischen 3 Strafkammern an. Der Jahresgeschäftsverteilungsplan 2021 wurde mit Wirkung zum 01.04.2021 u.a. insoweit geändert, als der 7. Strafkammer der zum 31.03.2021 bei der 8. Strafkammer anhängige Bestand und der 8. Strafkammer lediglich näher bestimmte Neueingänge zugeteilt wurden. Die Berufungssache des Angeklagten wurde sodann bis zur Urteilsverkündung von der gemäß dem geänderten Geschäftsverteilungsplan nunmehr zuständigen 7. Strafkammer geführt. Der Angeklagte legte gegen das Berufungsurteil des LG Revision ein. Die Revision hatte Erfolg, soweit sie die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts gemäß § 338 Nr. 1 StPO beanstandete.
Das OLG entschied: Eine unterjährige Änderung des Geschäftsverteilungsplans, mit der bereits anhängige Verfahren übertragen werden, ist allein dann zulässig, wenn nur so dem Beschleunigungsgebot angemessen Rechnung getragen werden kann. Bei der Übertragung bereits anhängiger Strafsachen bedarf es einer umfassenden Dokumentation und Darlegung der Gründe, die die Umverteilung erfordern und rechtfertigen, damit die Entscheidung überprüfbar bleibt. Die Dokumentation des Präsidiums des LG lasse jedoch nicht erkennen, dass eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans unter dem Gesichtspunkt des Beschleunigungsgrundsatzes geboten gewesen sei. Dadurch sei nicht hinreichend prüfbar, ob dem Angeklagten der gesetzliche Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG entzogen worden sei.
Weitere Einzelheiten zum Sachverhalt, zu den Entscheidungsgründen und zu den Konsequenzen für die Praxis hat die Autorin hier zusammengefasst